[Pressemitteilung] Instrumentalisierungspolitik ist brandgefährlich
Pressemitteilung, 05.09.2024
Instrumentalisierungspolitik ist brandgefährlich
Syrien und Afghanistan sind nicht sicher – auch nicht, wenn die CDU das so sehr will.
Stellungnahme des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt zu den Forderungen von Ministerpräsident Haseloff und Innenministerin Zieschang an den Bund.
Kurz nach dem schrecklichen Attentat in Solingen veröffentlichten am 27. August 2024 der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff und die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang eine Pressemitteilung zu der „Begrenzung des Zuzugs aus Syrien und Afghanistan und zur Ermöglichung von Rückführung in beide Länder“. Ein paar Tage später, am 30. August 2024, startete der erste Abschiebecharter seit der Machtübernahme der Taliban von Deutschland nach Afghanistan. „Der Flug in ein Land wie Afghanistan ist aufgrund der dortigen Menschenrechtsverletzungen völkerrechtswidrig, ebenso wie es auch die Forderungen von Dr. Reiner Haseloff und Dr. Tamara Zieschang sind“, so die Sprecherin des Flüchtlingsrats Sachsen-Anhalt, Martina Fuchs.
Hintergrund
Die Forderung von Dr. Reiner Haseloff und Dr. Tamara Zieschang, die Geflüchtetenzahlen aus Syrien und Afghanistan zu begrenzen und die Abschiebezahlen zu erhöhen, sind nicht neu und lassen sich aus guten Gründen nicht einfach realisieren. Beide Länder gelten als nicht sicher. Laut eines Berichts des Auswärtigen Amtes gibt es in ganz Syrien Kampfhandlungen, die eine sichere Rückkehr verunmöglichen. In Afghanistan finden nach wie vor täglich enorme Menschenrechtsverletzungen statt. Erst Ende Juli hatte das afghanische Taliban-Regime ein sogenanntes „Tugend-Gesetz“ beschlossen, was u.a. Verschärfungen bei Verschleierungsvorschriften beinhaltet sowie singen, rezitieren und laut vorlesen in der Öffentlichkeit für Frauen verbietet.
Bei einer Abschiebung besteht die Gefahr, dass den Menschen Folter und unmenschliche Behandlung drohen, was wiederum einen Verstoß gegen Völker- und EU-Recht bedeuten würde.
Darüber hinaus können Abschiebungen nicht ohne Weiteres durchgeführt werden. Damit eine Abschiebung stattfinden kann, bedarf es Absprachen mit den Staaten, in die die Menschen abgeschoben werden sollen – ob über Dritte wie evtl. Katar oder direkt. Aus Angst vor islamistischem Terror mit einem islamistischen Regime, wie den Taliban, zu kooperieren, führt genau nicht zur Terrorbekämpfung sondern zur Normalisierung terroristischer Regime.
Gerade ein solches Verbiegen der so wertvollen Rechte und Werte macht Deutschland auf internationaler Ebene zunehmend unglaubwürdig und lässt sich darüber hinaus vorführen. Den Bestrebungen autokratischer Kräfte demokratische Regierungen weiter zu destabilisieren, spielt das nur in die Hände.
Die Forderung von Haseloff und Zieschang nach weiterer Einschränkung des Familiennachzugs stellt einen eklatanten Einschnitt in die Grundrechte dar (vgl. Art 6 GG).
Entgegen den Forderungen muss aus humanitären Gründen unbedingt am Bundesaufnahmeprogramm festgehalten werden. Es wurde ins Leben gerufen, um diejenigen durch eine schnellere Aufnahme in Deutschland zu schützen, die sich in Afghanistan für Menschenrechte und Demokratie eingesetzt haben. Aus der Sicht des Flüchtlingsrats Sachsen-Anhalt wäre es ein fatales Signal an die mutigen Menschen vor Ort und käme einer Bankrotterklärung für das Einstehen für Demokratie und Menschenrechte gegenüber dem islamistischen Regime der Taliban gleich.
Die Sprecherin des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt resümiert: „Das kann weder im christlichen noch im demokratischen Interesse von Innenministerin Zieschang und Ministerpräsident Haseloff sein.“
Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt steht für Rückfragen und weitere Informationen gerne zur Verfügung:
Martina Fuchs | presse@fluechtlingsrat-lsa.de | 0391-50549613
Hier ist die PM auch zum Download: 240905_FR-ST_PM_Instrumentalisierungspolitik ist brandgefährlich