[Kommentar] zum Volksstimme-Interview mit Innenministerin Zieschang: Menschenrechte gehen vor!

Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hat in ihrem neuesten Interview in der Volksstimme vom 20.04.2024 erneut für die verstärkte Abschiebung geflüchteter Menschen und erweiterte Grenzkontrollen an den europäischen und deutschen Außengrenzen plädiert.

Dabei setzte sie ganz bewusst darauf, Ängste zu schüren. So sagte sie, dass immer noch zu viele Menschen ohne Schutzgrund nach Sachsen-Anhalt kämen. Hierbei erklärte sie nicht, was „zu viele Menschen“ sind oder worauf sie diese Aussage stützt.

Zieschang fordert auch den Familiennachzug auszusetzen. Der Familiennachzug ist auf den „besonderen Schutz von Ehe und Familie“ zurückzuführen, welcher im Grundgesetz verankert ist (Art. 6 GG). Diese Maßnahme würde eine migrationspolitische Relativierung der Grundrechte bedeuten, die das Bundesverfassungsgericht wiederholt problematisierte (Beschluss vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10).

Auch ihre damit verbundene Argumentation, dass durch die Aufnahme geflüchteter Kinder die Kitas und Schulen überlastet seien, ist in diesem Zusammenhang problematisch. Kitas und Schulen befinden sich durch die verfehlte Bildungs- und Sozialpolitikpolitik der Vergangenheit in einem ständigen Überlastungszustand, der sich zum Beispiel in einem signifikanten Lehrkräftemangel zeigt.

Dieser führt im weiteren Verlauf dazu, dass Lehr- und Erziehungskräfte nicht mehr in der Lage sind, ihrem Bildungsauftrag angemessen nachzukommen. Es wird der Eindruck erweckt, diese Herausforderungen wären durch weniger Geflüchtete zu lesen. Tatsächlich bräuchte es eine langfristig finanzierte Bildungspolitik für alle!

Wie wir mit Geflüchteten umgehen, hat direkte Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. So dürfen wir Menschen nicht das Gefühl geben, sie wären nur etwas wert, wenn sie arbeiten. Die Menschenrechte sollten hier immer im Vordergrund stehen.

Damit einher gehen auch Angebote, die den Menschen eine gute Zukunft sichern können. Dazu zählen der Abbau der Sprachbarriere ebenso wie ein zufriedenes Leben in Sicherheit.

Die Asyl- und Migrationspolitik der letzten Jahre hat gezeigt, dass Rufe nach mehr Abschottung und mehr Abschiebungen rechte Diskurse und rassistische Ablehnung stärken, ohne bestehende Probleme zu lösen. Stattdessen braucht es eine Politik, die sich konsequent an den Menschenrechten orientiert und die Zugänge schafft, statt auszuschließen: Es braucht legale und sichere Möglichkeiten zur Einreise, dezentrale Unterbringung in Wohnungen sowie Sprachkurse und Arbeitserlaubnisse für alle.



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