[Pressemitteilung] Kundgebung gegen Abschiebung nach Armenien, Do 13 Uhr, Magdeburg

PRESSEMITTEILUNG
Magdeburg, 15.12.2020

Kundgebung gegen Abschiebung nach Armenien am 17.12.2020 um 13 Uhr auf dem Domplatz, Magdeburg

Angehörige, Mitschüler*innen, Nachbar*innen und Unterstützende sind fassungslos über das brutale Vorgehen bei der Abschiebung der Mutter mit zwei kleinen Kindern nach Armenien, bei der die Familie zerrissen wurde. Sie fordern deren Rückkehr und eine schnelle Zusammenführung der gesamten Familie.

Die Polizei und die Ausländerbehörde haben in der Nacht vom 7. zum 8.12. bei einer Abschiebung nach Armenien, das gerade mit den Folgen des jüngsten Bergkarabach-Kriegs zu kämpfen hat, nicht nur eine seit 22 Jahren hier lebende Familie getrennt, sondern die Abschiebung auch mit gezogener Waffe durchgesetzt.

Zur jesidischen Familie gehören die Mutter, der Vater und vier Kinder. Alle vier Kinder sind in Magdeburg geboren. Die Mutter kam 1998 als Zehnjährige nach Deutschland. Sie ist depressiv und akut suizidgefährdet. Bei der Abschiebung wurde sie ohnmächtig. Bewusstlos wie sie war, zerrte man sie und die zwei jüngeren Kinder auf die Ladefläche eines Kleinbusses, um sie ohne Sitze und Anschnallgurte nach Düsseldorf zu fahren – „wie in einem Tiertransport“, sagt der Bruder der Mutter. Während der Fahrt sei sie wieder zu Bewusstsein gekommen und fand sich gefesselt und mit einem Schuh im Gesicht auf dem Boden liegend vor.

Obwohl zwei ihrer Kinder (12 und 13 Jahre alt) beim Abschiebeversuch vor der Polizei geflohen sind und nicht auffindbar waren, wurde die Abschiebung nicht abgebrochen. Der Vater wurde in ein anderes Auto verfrachtet, zunächst in Polizeigewahrsam genommen und dann wieder entlassen, um die beiden entflohenen Kinder zu finden. Nichtsdestotrotz wurde die Mutter mit den zwei jüngsten Kindern (sieben und drei Jahre alt) nach Armenien abgeschoben, in ein fremdes Land, dessen Sprache sie nicht sprechen.

Inzwischen ist die älteste Tochter (13) wieder aufgetaucht. Sie befindet sich in psychiatrischer Behandlung. Ihr Zustand ist kritisch. Von ihrem jüngeren Bruder fehlt weiter jede Spur.

Während der Abschiebung fanden sich Angehörige, Freund*innen und Nachbar*innen der Familie ein und protestierten friedlich gegen diese. Sie redeten auf die Polizist*innen ein und baten sie darum, dass sich die Eltern wenigstens noch von den Kindern verabschieden können. Die Menge war aufgebracht und empört, aber friedlich. Trotzdem zog einer der Polizisten dann ohne erkennbaren Grund eine Waffe und richtete sie einhändig auf die umstehenden Menschen.

Die Familie ist vollkommen erschöpft und verzweifelt. Das gesamte Umfeld der Familie ist entsetzt. Drei der vier Kinder gehen in Magdeburg zur Schule. Die Eltern arbeiteten beide. Der Vater hatte einen unbefristeten Vollzeit-Arbeitsvertrag und hat nun ein Arbeitsverbot bekommen, die Mutter arbeitete zuletzt in Teilzeit als Kellnerin im Hundertwasserhaus. Sie wollte demnächst eine Ausbildung beginnen.

»Dass es überhaupt Abschiebungen während der tödlichen zweiten Welle der Pandemie gibt, ist ein Skandal, dass es Abschiebungen nach Armenien gibt, ebenso. Aber dass hier auf derart brutale Weise Menschen aus ihrem Leben gerissen werden, das hat mit der „Durchsetzung des Rechtsstaats“ nichts mehr zu tun.«, sagt Robert Fietzke, Vorstandsvorsitzender des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt.

»Mit der Kundgebung wollen die Angehörigen und Freund*innen der Familie ihrem Protest gegen die gewaltsame Abschiebung und die Trennung der ganzen Familie Ausdruck verleihen. Die Ausländerbehörde Magdeburg wird aufgefordert, die Abschiebung rückgängig zu machen und der Mutter mit den zwei Kindern die Wiedereinreise zu erlauben. Familien stehen nicht ohne Grund verfassungsrechtlich unter einem besonderen Schutz – Und das gilt natürlich für alle Familien.«, so Fietzke.

Die Kundgebung findet am Donnerstag, 17.12.2020 um 13 Uhr auf dem Domplatz statt.

Alle Teilnehmer*innen müssen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und den Abstand von 1,5 Metern einhalten.

Petition unterschreiben:
https://www.openpetition.de/petition/online/abschiebung-nach-armenien-rueckgaengig-machen

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt | Robert Fietzke | Tel.: 017631493592



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