Corona in Afghanistan: Einschätzungen von Friederike Stahlmann

Die Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann ist gerade von einer Reise aus Kabul zurückgekehrt. Sie berichtet: „Eine unkontrollierte Verbreitung des Corona-Virus in Afghanistan scheint nicht vermeidbar zu sein – auch weil die Bevölkerung zur ganz überwiegenden Mehrheit nicht die Möglichkeit hat, Selbstschutzmaßnahmen zu ergreifen.“ Es mangele an Tests. Die Bereitschaft, sich testen zu lassen, sei kaum gegeben. Oft werde versucht, die Krankheit zu verheimlichen. Es bestehe die Sorge aufgrund des „Seuchen-Stigmas“, Arbeit, Obdach und soziale Unterstützung zu verlieren. Das werde bereits jetzt deutlich, Rückkehrer würden „primär für die Gefahr durch Corona verantwortlich gemacht“.

Dazu komme, dass ein großer Teil der Bevölkerungen an Vorerkrankungen leidet und die meisten schon aus finanziellen Gründen keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung hätten.
Stahlmann berichtet aus Gesprächen mit Ärzten: „Selbst für den Fall, dass nur vereinzelte RückkehrerInnen aus dem Iran erkranken würden, sei das bei weitem nicht ausreichend, geschweige denn, wenn sich das Virus ungebremst unter den weit mehr als 30 Millionen Menschen im Land verbreitet. Bisher geht das Gesundheitsministerium von 700.000 Betroffenen aus, die in Krankenhäusern behandelt werden müssten.“ Ein weiteres Problem sei, dass auch vor Corona die Ärzte schon in 36 Stunden-Schichten arbeiten würden und völlig überlastet seien.

 

Gutachten Friedericke Stahlmann vom 27.03.2020



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