PM | 27.03.2020 | Sehenden Auges in die Quarantäne. Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt kritisiert Vorsorgevorkehrungen als unverantwortlich

Pressemitteilung
Magdeburg | 27.03.2020

 

Die Zentrale Anlaufstelle in Halberstadt (ZASt) ist laut verschiedener Pressemeldungen mit Verweis auf das Landesverwaltungsamt heute am frühen Morgen unter Quarantäne gestellt worden. 848 Bewohnende und weitere knapp 100 Mitarbeitende sind davon betroffen.

 

Während Kontaktsperren und Menschenansammlungen nach und nach verboten werden, hat das Ministerium des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt weiterhin auf Massenunterbringung gesetzt, statt die Bewohnenden der ZASt auf die Landkreise zu verteilen.

Die Sprecherin des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt, Stefanie Mürbe, bewertet die bisherigen Maßnahmen und Entscheidungen des Ministeriums als unzureichend und unverantwortlich. „Knapp 900 Menschen auf engstem Raum ohne Ausweich- und geringe Informationsmöglichkeiten sowie mangelnder medizinischer Versorgung unterzubringen, grenzt an grobe Fahrlässigkeit. Es ist jetzt dringend notwendig, die gleichen Fehler nicht fortzuführen. Die Unterkünfte in den Landkreisen und kreisfreien Städten müssen umgehend leer gezogen und die Menschen auf Wohnungen, Pensionen und Hotels verteilt werden!“, fordert Mürbe.

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt hat bereits zu Beginn der letzten Woche das Ministerium auf die aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen u.a. nach ausreichenden Schutzvorkehrungen, ausreichender Tests für alle und schnelle Verteilung von Bewohnenden auf die Landkreise und kreisfreien Städte hingewiesen. Verminderung sozialer Kontakte, das Einhalten eines Mindestabstands und Sicherung hygienischer Standards ist in Massenunterkünften nicht möglich.

Es ist dringend notwendig, dass die Bewohnenden sofort über die Situation in den verschiedenen Sprachen aufgeklärt werden.“, so die Sprecherin des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. „Wir erneuern unsere Forderungen nach dauerhafter Sicherstellung des Zugangs zu Information, mehrsprachigen Materialien, Verdolmetschung und Vermittlung von zuverlässigen Informationen. Zugang zum Internet über WLAN muss unverzüglich und flächendeckend für alle Geflüchtetenunterkünfte organisiert werden. Auch ist Zugang zu psychologischer Beratung notwendig, da die Situation der Quarantäne auch traumatisierend oder retraumatisierend wirken kann.“, ergänzt Mürbe.

Weitere Forderungen:

Unsere Pressemitteilung vom 19.03.2020

Gemeinsamer Appell bundesweiter Akteur*innen vom 20.03.2020

Pressekontakt:

Stefanie Mürbe | Tel.: 0391 – 505 49 613 | stefanie.muerbe@fluechtlingsrat-lsa.de 

Pressemitteilung als pdf zum Download: 2020327_FR-ST_PM_Sehenden Auges in die Quarantäne_



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