PM | 08.07.2019 | »Nicht Seenotrettung ist das Verbrechen, sondern die Bedingungen in den libyschen Internierungslager!«

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. erklärt sich solidarisch mit der Crew der Sea-Watch und speziell der freigelassenen Kapitänin Carola Rackete. Nachdem Frau Rackete mit 40 Überlebenden eines Schiffsunglücks den Hafen Lampedusas angefahren und bei ihrer Ankunft verhaftet worden war, entstand in ganz Europa eine breite Welle der Solidarität. Letzte Woche urteilte die zuständige Ermittlungsrichterin, dass die Kapitänin „in Erfüllung einer Pflicht“ Menschenleben gerettet habe, diese Tätigkeit nicht als ‚Schlepperei‘ bezeichnet werden könne und daher freigelassen würde.

»Dass die Richterin so entschieden hat, bestätigt uns in unserer Einschätzung, dass Seenotrettung kein Verbrechen, sonder Notwendigkeit ist. Die Sea-Watch hat ein weiteres Mal das einzig Richtige getan und Menschen auch im Angesicht von Kriminalisierung gerettet.« erklärt Helen Deffner, Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. »Wichtig ist nun aber nicht nur, weiter für die Legalisierung der Seenotrettung zu streiten, sondern vor allem den Fokus auf die unzähligen Menschen zu setzen, die auch in den kommenden Monaten das Mittelmeer überqueren werden, um dem Tod in libyschen Internierungslagern zu entkommen.«

Denn bereits seit Monaten rücken diverse Milizen auf Tripolis und die Mittelmeerküste zu, sodass der Norden des Landes schwer umkämpft ist. Tausende Menschen, die in den libyschen Internierungslagern gefangen gehalten werden, werden dadurch nicht nur Opfer der unmenschlichen Zustände in den Lagern und der Schikane der Sicherheitskräfte, sondern auch des Kreuzfeuers der Kämpfe. Schusswechsel und Explosionen haben bereits Opfer gefordert, gestern kostete ein Luftangriff auf ein solches Gefängnis, Tajoura, 60 Menschen das Leben, während mind. 70 Menschen stark verletzt wurden. Ärzte ohne Grenzen und der UNHCR alarmieren hierzu, dass die Insassen sich in unmittelbarer Lebensgefahr befinden. »Wir haben die Zustände in den libyschen Lagern auch bisher schon aufs Schärfste kritisiert und eine Rettung aller Insassen auf das europäische Festland gefordert, aber die jetzigen Bedingungen sind so dramatisch, dass die Deals der EU mit der libyschen Regierung sofort beendet werden müssen! Die europäische Gesellschaft darf einer solch unzumutbaren Behandlung Unschuldiger nicht länger zusehen!«, so Deffner weiter. »Alle Menschen, die sich derzeit in den Lagern aufhalten, müssen umgehend aus dem Kriegsgebiet evakuiert und in Sicherheit gebracht werden!«

Deshalb bedanken wir uns bei allen Menschen, die dieses Wochenende dem europaweiten Aufruf der Seebrücke gefolgt sind und protestiert haben für die Rettung aller Menschen aus dem Mittelmeer und die Beendigung der unwürdigen Politiken europäischer Politiker*innen. Sichere Häfen müssen umgehend geschaffen und Menschen auf ihrem Weg in Sicherheit mit allen Mitteln unterstützt werden.

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Bei Rückfragen und Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an:

Helen Deffner | Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. | Tel. 0391-50549613



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