PM | Zu den Folgen einer rücksichtslosen Abschiebepolitik

PRESSEMITTEILUNG,
Magdeburg, 03.08.2018

Zu den Folgen einer rücksichtslosen Abschiebepolitik

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt dokumentiert Berichte von den verheerenden Konsequenzen des entfesselten Abschiebewahns

»Die verordnete konsequente Durchsetzung von Abschiebungen schlägt sich zunehmend in inhumanem Verwaltungshandeln nieder. Die Folgen für die Betroffenen bleiben der Öffentlichkeit verborgen. Ohne Rücksicht auf das Wohl von Kindern, das Recht auf Familieneinheit, gesundheitliche und humanitäre Gründe finden in allen Sammellagern so gut wie jede Nacht Abschiebungen statt. Panik, Verzweiflung und weitere Traumatisierungen der schutzsuchenden Menschen sind die Folgen«, konstatiert Stefanie Mürbe, Sprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt.

»Das Mantra von immer mehr, immer schnelleren Abschiebungen, wie es auch kürzlich erst wieder in Herrn Haseloffs Sommerinterview zu lesen war, ist nicht nur rechtsstaatlich gefährlich. Egal ob ausreisepflichtig oder schutzberechtigt: Viele Geflüchtete machen sich Sorgen, dass auch sie abgeschoben werden könnten, Erwachsene und nicht zuletzt auch Kinder sind durch die nahezu tägliche Polizeipräsenz in den Lagern eingeschüchtert und werden in existenzielle Notlagen gedrängt.«, so Mürbe weiter.

Dem Flüchtlingsrat wird zunehmend von Suizidversuchen berichtet. So soll vor wenigen Tagen durch das rechtzeitige Eingreifen anderer Bewohner*innen verhindert worden sein, dass sich ein Bewohner der Zentralen Aufnahmestelle in Halberstadt aus Verzweiflung vor der bevorstehenden Abschiebung erhängte.

Seitens der Behörden scheint kein Interesse zu bestehen, diesen Schicksalen nachzugehen, den Betroffenen die dringend notwendige (psychologische) Behandlung zu kommen zu lassen und Abschiebehindernisse aus humanitären Gründen zu berücksichtigen. Was einzig und allein zu interessieren scheint, ist das Erreichen von möglichst hohen Abschiebezahlen. Dies scheint auch schwerer zu wiegen als das Grundrecht auf Einheit der Familie.

So im Falle von Familie D. In der Nacht vom 24.  zum 25.7. wurden Frau D. und ihre 2 Kinder (11 Jahre und 6 Jahre) nach Albanien abgeschoben, obwohl der schwerkranke Ehemann im Krankenhaus zur stationären Behandlung lag. Die Familie wollte freiwillig ausreisen, was durch die notwendige Behandlung verzögert wurde.

So im Falle von Familie D. In der Nacht vom 24.  zum 25.7. wurden Frau D. und ihre 2 Kinder (11 Jahre und 6 Jahre) nach Albanien abgeschoben, obwohl der schwerkranke Ehemann im Krankenhaus zur stationären Behandlung lag. Die Familie wollte freiwillig ausreisen, was durch die notwendige Behandlung verzögert wurde.

Ebenso wird zunehmend berichtet, dass Abschiebungen trotz gesundheitsbedingter Hindernisse durchgesetzt werden. So wurde in der vergangenen Woche Herr G. aus Indien abgeschoben, obwohl sein Arzt der Ausländerbehörde in Salzwedel ausführlich dokumentiert hatte, dass der Betroffene schwer krank und dringend auf medizinische Behandlung und Medikamente angewiesen sei. Die Ausländerbehörde soll in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt behauptet haben, die Behandlung seiner Krankheit sei in Indien problemlos gewährleistet. Das entsprechende Gutachten der Amtsärztin wollte die Behörde Herrn G. nicht aushändigen. Herr G. hatte daraufhin einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der Akteneinsicht und eine Duldung aus humanitären Gründen aufgrund des Gesundheitszustandes seines Mandanten beantragte. Dieser Antrag wurde mit der Abschiebung beantwortet.

»Es ist zu befürchten, dass diese Praxis Schule macht und die letzten Überbleibsel des Abschiebeschutzes wegbrechen, weil Behörden ohne Einsicht für die Betroffenen, Atteste anfordern, die eine Abschiebung legitimieren. Wir fordern alle Verantwortlichen auf, die Rechte von Geflüchteten zu wahren und den derzeitigen Abschiebewahn zu beenden.«, so Mürbe.

Zudem fordert der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt die Einrichtung einer unabhängigen Abschiebebeobachtung am Flughafen Halle/Leipzig, wie es sie auch an anderen Flughäfen wie Frankfurt a.M., Berlin, Düsseldorf und Hamburg gibt. Nur auf diese Weise kann ein Mindestmaß an öffentlicher Kontrolle und Transparenz über den Abschiebeprozess erreicht werden.

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt | Stefanie Mürbe | Tel. 0391 50549613

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